Das Hansa-Hotel

Das Hansa-Hotel (Teil 2)
Die verschwundene Perle von Travemünde
von Gunter Bokholt

Was war los im Hansa- Hotel?

Hansa-Hotel Travemünde - Flyer Chefin im „Hansa-Hotel“ war in den 1950ger Jahren Frau Studier, Tochter eines reichen Norwegers mit einer Schiffsflotte. Verheiratet mit Herrn Studier, Chef des Casinos, war sie von ihrer Familie mehr oder weniger verstoßen. Sie verwahrte ihren mitgebrachten wertvollen Schmuck im Safe des Hotels. Ihre Kontakte zu Skandinavien brachten viele Gäste nach Travemünde und ins Hansa-Hotel.

Das „Hansa-Hotel“ zählte wieder zu den ersten Häusern in Travemünde. Auch durch seine besondere Lage: sehr dicht am Strand, jedoch zurückversetzt zwischen den Bäumen des Friedrich-Haines, also sehr ruhig.

Hans-Hotel - Geschirr der Firma Copeland SpodeAls Garni-Hotel wurde besonderen Wert auf ein luxuriöses Frühstück gelegt. Gefrühstückt wurde von dem vornehmen englischen Porzellan der seit 1770 existierenden Firma Copeland/Spode aus Stoke-on-Trent. Das Geschirr zeigt zwei farbige Fasanen auf einem Ast sitzend und heißt „EDEN“.

Das Frühstück konnte in einem Frühstücksraum eingenommen werden. Die Chefin Frau Studier bot den Gästen den aus ihrer Heimat stammenden besonders schmackhaftem Norwegischen Karamellkäse als Spezialität an. Aber auch „Diätküche“ wurde den Gästen auf Wunsch geboten.

Empfangschef im „Hansa-Hotel“ war Ende der 1960er Jahre Wolf-Rüdiger Ohlhoff, der noch viel über sein Hotel zu erzählen weiß.

Es gab einen kleinen Hotel-Empfang mit Klappenschrank. Zu den Aufgaben des Empfangschefs gehörte auch das damals übliche „Stöpseln“ von Telefonverbindungen für die Gäste.

Die Entlohnung bestand aus einem sehr niedrigen Grundgehalt. Aber durch gute Betreuung der meist sehr betuchten Gäste gab es ansehnliche Trinkgelder.

Zu Weihnachten gab es für die Angestellten eine große Weihnachtsfeier, bei der jeder einen Stollen und eine Gans oder Ente geschenkt bekam; etwas Unschätzbares in den 1950er Jahren.

Hansa-Hotel Travemünde

 

Hansa-Hotel TravemündeDie Fußböden im „Hansa-Hotel“ waren ausgelegt mit wertvollen Perserteppichen aus der Sammlung von Dr. Lommerzheim. Weitere dieser Teppiche waren auf dem Dachboden eingelagert. An den Wänden hingen Gemälde, fest verschraubt gegen Diebstahl.

Das „Hansa-Hotel“ hatte in dieser Zeit 30 Zimmer mit 50 Betten. Nur ein Zimmer hatte ein Bad, sonst nur mit fließendem Wasser und Bad im Flur. Es gab Zentralheizung und Zimmertelefon.
Der Preis pro Bett in einem Zimmer ohne Bad betrug im Jahr 1962 :
zwischen 9,- DM und 10,- DM,
und zwar das ganze Jahr über, denn die Auslastung des Hotels lag bei 85 % über das ganze Jahr gerechnet.

Hansa-Hotel TravemündeIn der Lobby und in der Bar des „Hansa-Hotels“ konnte man viele illustre Gäste treffen, meistens Stammgäste, die jedes Jahr wiederkamen.

Karl Theodor Walterspiel, Direktor vom Atlantikhotel Hamburg.

Der Reeder Henneberg aus Hamburg blieb meist vier Wochen.

Genauso Herr Wessel aus Lübeck, Inhaber der Firma Gummi-Wessel; er rauchte kistenweise Zigarren, so dass sein Zimmer hinterher tagelang gelüftet werden musste.

Hansa-Hotel Travemünde mit Mercedes 300

Bundeskanzler Konrad Adenauer war auch dort, natürlich mit seinem legendären schwarzen Mercedes 300, der dann vor dem Eingang parkte.
Nadja Tiller - Autogrammkarte

Hans Lothar wohnte hier anlässlich seiner Dreharbeiten zum Buddenbrook-Film von 1959, bei dem er den Christian Buddenbrook spielte.

Als das Bolschoi-Balett in Travemünde auftrat, diente der Frühstücksraum des „Hansa-Hotels“ zum Vorbereiten und zum Umkleiden.

Nadja Tiller und Walter Giller logierten auf ihrer Hochzeitsreise im „Hansa-Hotel“.

Zarah Leander wohnte im „Hansa-Hotel“ während ihrer nicht endend wollenden Abschiedstournee.

Die prominenten Gäste kamen auch, weil in Travemünde Unterhaltung auf höchstem Niveau geboten wurde, und Travemünde durch die Spielbank das „Monte Carlo des Nordens“ war.

 

Travemünde mit Hansa-Hotel aber ohne Beton-Giganten

Travemünde mit Hansa-Hotel aber ohne Beton-Giganten

 

Der Untergang des Hansa-Hotels

Maritim Travemünde im BauAls Anfang der 1970er Jahre die fetten Boomjahre vorbei sind, war es ebenfalls um den Frieden des „Hansa-Hotel“ geschehen. Ein Hochhaus mit dem MARITIM-Hotel und Eigentumswohnungen soll hier gebaut werden.
Als die Vermessungstrupps anrückten, hatten sich Bürgerschaft, Kurverwaltung und auch der Gemeinnützige Verein für den Bau des riesigen Gebäudes ausgesprochen, obwohl viele Travemünder das Projekt ablehnten!

Maritim Travemünde und Strandpromenade 1 und 2

 

 

 

Der Friedrichs-Hain mit seinen angrenzenden Grundstücken schien der ideale Standort für dieses Hochhaus zu sein. Der größte Teil des Friedrichs-Haines musste geopfert werden, das Hansa-Hotel, die Warmbadeanstalt, der Hockeyplatz und die Häuser Strandpromenade 1 bis 4 sollten weichen, um diesem Großprojekt mit Schwimmhalle Platz zu schaffen. Die Häuser an der Strandpromenade waren zwar nicht direkt betroffen, aber sie störten offensichtlich das Umfeld dieses Projektes.

Maritim Travemünde und alter LeuchtturmHotel Augusta, die Nachbarvilla und das Hansa-Hotel gehörten der Stadt, Sie konnten also problemlos abgerissen werden. Aber die Eigentümer der Häuser 1 und 2 waren die Familien Wendelborn und Klatt. Sie konnten nicht begreifen, warum ihre liebgewordenen Häuser weichen sollten, da sie gar nicht im direkten Baugebiet lagen. Es begann ein anstrengender Kampf um diese Grundstücke, der teilweise mit unlauteren Mitteln geführt wurde.
Schließlich haben sie ihr Recht bekommen. Zwei wunderbare alte Villen sind erhalten geblieben. Aber das „Hansa-Hotel“ ist leider Geschichte geworden.

Als das Kurmittelhaus an der Strandpromenade im Oktober 1971 wegen des MARITIM-Neubaus abgerissen wurde, kehrte das „Hansa-Hotel“ noch einmal zu seinem Ursprung zurück. Der Hotel-Betrieb wurde eingestellt und es wurde der Badebetrieb als Notlösung in das Hotel verlegt. Wie schon ursprünglich Ende der 1800er Jahre.

Nachdem am 28. Februar 1974 das neue „Strandbad-Zentrum“ mit Meerwasser-Wellenbad, Saunaanlage und hochmoderner Kurmittelanlage eröffnete, wurde das „Hansa-Hotel“ im Jahr 1974 abgerissen, also nach 101 Jahren.

Wir haben den ältesten Leuchtturm Deutschlands aus dem Jahr 1539, der aber nicht auf das Meer leuchtet. Und wir haben den zweithöchsten Leuchtturm der Welt mit 114,7 m Höhe auf dem MARITIM.

Aber wir haben leider kein Hansa-Hotel mehr.

 

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