Travemünde Ortschild

2002 – Heft 1 / 310

K R I T I C U S

muß zu seinem ganz großen Bedauern immer häufiger feststellen, daß auf die Beschlüsse der Bürgerschaft und die Versprechen der von uns gewählten Abgeordneten überhaupt kein Verlaß mehr ist. Sein Vertrauen auf die kommunale Politik und ihre Vertreter ist in den vergangenen Jahren immer mehr geschrumpft, und er wundert sich überhaupt nicht darüber, dass immer mehr mündige Bürger an diesen für jede Stadt und jeden Bürger so wichtigen Kommunalwahlen von ihrem Stimmrecht keinen Gebrauch mehr machen und der Wahl fernbleiben.

Da hat KRITICUS doch in der letzten Ausgabe von UNSER TRAVEMÜNDE Nr. 4/2001 in den Travemünder Notizen voller Freude gelesen, daß die Bürgerschaft am 18. Oktober 2001 beschlossen hat, den Grünstrand mit der schönen Liegewiese an der Kaiserallee nicht zu verkaufen. Richtig froh war er damals, der KRITICUS, weil er glaubte, daß .die Vertreter der Hansestadt Lübeck von der eindrucksvollen Ge- und Entschlossenheit vieler Travemünder, Lübecker und auswärtiger Mitmenschen beeindruckt waren. Mit über 20.000 Unterschriften waren diese Bürger dafür eingetreten, den für die Ostseeküste einmaligen Grünstrand aus vielen für den Kurort Travemünde wichtigen Gründen zu erhalten. Besonders beeindruckt war damals der Stadtpräsident Peter Oertling über die sozialen Argumente und der Bedeutung dieser Wiese als Treffpunkte vieler ausländischer Familien untereinander und mit ihren deutschen Mitbürgern.

Aber KRITICUS hat sich zu früh gefreut. Ein für sein Demokratieverständnis nicht nachvollziehbarer Vorgang führt zur Rücknahme des Bürgerschaftsbeschlusses vom 18. Oktober. Ein Parteiflügel, KRITICUS will hier keine Namen nennen, erklärt dieses Abstimmungsergebnis nach ganz kurzer Zeit für ungültig und fordert eine erneute Abstimmung. Das Schlimmste aber ist nach Meinung des KRITICUS die erpresserische Forderung an die Befürworter: Wenn ihr jetzt nicht für den Verkauf der Wiese stimmt, dann werden wir die Tourismusabgabe von den Travemündern verlangen! Ätsch! Wenn dieses Vorgehen nicht schlitzohrig ist, ist KRITICUS ein politischer Dilletant! Da vergeht ihm doch glatt sein viel gepriesener Humor. Im Ernst, wir Travemünder fühlen uns richtig und hinterhältig betrogen. Noch schlimmer aber dürfte der nicht wieder gut zu machende Vertrauensverlust sein, den Lübecker Bürgerschaft und Senat nun ertragen müssen. Sicherlich, nicht alle Lübecker Bürger werden nachempfinden können, wie betroffen die Travemünder sind. Denn bei der tatsächlich neu angesetzten und durchgeführten Abstimmung haben einige Bürgerschaftsmitglieder ihre erste Entscheidung zurückgenommen und für den Verkauf des Grünstrandes gestimmt. Mit vielen schönen Vorschlägen für die zukünftige Gestaltung und Verwendung des Grundstückes versuchte man sein eigenes schlechtes Gewissen zu überspielen. Die tiefe Enttäuschung und auch Resignation vieler Travemünder Bürger hat man nur am Rande einkalkuliert.

20.000 Einwohner und Gäste Lübecks haben sich eindeutig für den Erhalt des Grünstrandes ausgesprochen. Das sind mehr Stimmen, als so manche Partei in Lübeck bei Wahlen verbuchen kann. Gewiß, Lübeck ist in großer Geldnot und zum Sparen gezwungen. Diese Notlage ist aber bestimmt kein Grund für solch unlautere Maßnahmen. Auch wenn er sich bei einigen Menschen unbeliebt macht, so meint er es doch ganz ernst, weil er weiß, daß er die Meinung vieler Mitbürger vertritt, der Travemünder

KRITICUS.

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