Portraits Travemünder Personen
Antje Heßler
Lehrerin i. R.
Die Travemünder kennen Antje Heßler unter dem Namen Thea, wenn sie allmonatlich die Möwenpost lesen. Ihre plattdeutschen Geschichten aus dem Leben werden zur Freude vieler Leser, die diese schöne norddeutsche Sprache gerne hören und vielleicht auch noch sprechen können, immer gerne gelesen. Sie ist mit dieser Sprache aufgewachsen und groß geworden. Plattdeutsch ist ihre Muttersprache.
Am 27. März 1929 kam sie als Kind des Landschullehrers Hinrich Dunker in Projendorf, Kreis Eckernförde zur Welt. Der Lehrer wohnte damals im Schulhaus, und die Schule war das wichtigste Haus im Dorf, neben der Gastwirtschaft, dem Krug. Diese Schule mußten alle besuchen, die Kinder des Großbauern und die des Tagelöhners. Wenn das Dorf eine Kirche hatte, mußte der Lehrer auch die Orgel spielen und den Kirchenchor leiten. Die Hierarchie war streng geregelt. An erster Stelle stand der Pastor, ihm folgten der Bürgermeister und der Lehrer. In dieser geregelten Dorfgemeinschaft wuchs Antje Dunker, wie sie damals noch hieß, auf. Das Schulhaus lag direkt am Nord-Ostseekanal, heute als Kiel-Kanal international bekannt. Vom Küchenfenster aus konnte man die Schiffe vorbeifahren sehen.
Mit ihren Spielkameraden sprach Antje nur platt, Hochdeutsch lernte man in der Schule. Eine Dorfschule hatte häufig nur eine oder zwei Klassen. Die großen Schüler halfen den kleinen. Diese Form des Gesamtunterrichts erforderte vom Lehrer viel Geschick und Einfühlungsvermögen. 1935 wurde Antje eingeschult, natürlich bei ihrem Vater, so hatte sie von allen Kindern den kürzesten Schulweg.
1939 begann der zweite Weltkrieg, und Antjes Vater wurde Soldat. Die Schulkinder mußten nun in die Schule des Nachbardorfes laufen und hatten nur an jedem zweiten Tag Unterricht. Weil viele Väter und Landarbeiter ebenfalls zur Wehrmacht eingezogen worden waren, mußten die Kinder schon kräftig in der Landwirtschaft mitarbeiten.
Antje wollte auch Lehrerin werden. Sie kam an die Lehrerinnenbildungsanstalt Ahrensbök. Im letzten Kriegsjahr wurde die Anstalt Lazarett, und sie konnte bis Kriegsende als Schulhelferin an der Schule ihres Vaters erste Erfahrungen sammeln.
Erst 1950 konnte sie in Burg in Dithmarschen ihre Ausbildung fortsetzen, bestand hier auch 1952 ihre erste Staatsprüfung als Volksschullehrerin und nahm ihren Schuldienst als Junglehrerin an der Hilfsschule Travemünde im neuen Gebäude der Volksschule Steenkamp auf.
Wegen der vielen Flüchtlingskinder, die zu einem großen Teil in einem Flüchtlingslager auf dem Priwall hausten, war es notwendig geworden, hier eine Schule für Grundschüler einzurichten. Ein Verwaltungsgebäude der ehemaligen Erprobungsstelle der Luftwaffe auf dem Priwall am Fliegerweg wurde zu einer Schule mit zwei Klassenräumen umgebaut. Hier war Antje mit ihren Dorfschulerfahrungen die geeignete Lehrerin. Von 1953 bis 1971 unterrichtete sie an dieser „Zweigstelle“ der Stadtschule Travemünde viele Kinder, die sich heute noch gerne an diese Zeit erinnern. 1969 wurde sie Oberlehrerin. Die damalige Mittelschule, heute Realschule Travemünde, leitete der Realschuldirektor Richard Heßler, vielen Travemündern bekannt als Mitbegründer des Travemünder Tennis und Hockey-Clubs (TTHC). Antje Dunker lernte ihn kennen, und beide heirateten im Oktober 1953.
Als Richard Heßler 1971 pensioniert wurde, gab Antje den Schuldienst auf, um gemeinsam mit ihrem Mann seinen verdienten Ruhestand zu gestalten. U. a. schafften sie sich ein schönes Motorboot an, mit dem sie viele Touren unternahmen.
1993 verstarb Richard Heßler nach langer schwerer Krankheit. Nach seinem Tod besann sich Antje auf ihre plattdeutsche Muttersprache und trat der Klöönsnackrunde in Travemünde bei. Seitdem schreibt sie kleine plattdeutsche Geschichten. Hier lernte sie Rolf Schwippert kennen, der sich besonders der Pflege der plattdeutschen Sprache widmet und regelmäßig für „Unser Travemünde“ kleine Geschichten schreibt.
Antje Heßler ist aktives Mitglied der Seniorenakademie. Sieben Jahre hat sie für die Regionalgruppe Travemünde verantwortlich und ehrenamtlich gewirkt.
Wir wünschen ihr weiterhin frohes Schaffen und Zufriedenheit.
Übrigens: ihre Umgangssprache mit Freunden ist Plattdeutsch
Helmuth Wieck
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