Siedlung Teutendorfer Weg im Jahre 1950

85 Jahre Siedlergemeinschaft
Teutendorfer Weg

Am 24. Oktober 2020 sollte die große Jubiläumsfeier zum 85-jährigen Bestehen stattfinden. Noch im Frühjahr dachte man, dass die Corona-Pandemie bis zum Herbst weitestgehend eingedämmt wäre und die Vorfreude auf ein schönes Fest nicht umsonst gewesen sein sollte. Der Vereinskalender sah für das Jahr 2020 viele schöne Veranstaltungen vor, die, wie im Sinne der Vereinssatzung, die Gemeinschaft stärken und die Geselligkeit fördern sollten. Doch leider wurde alles abgesagt.

Die Arbeit des Vorstandes, seinen Ausschüssen und vielen engagierten Helferinnen und Helfern geht dennoch weiter. Die Siedlergemeinschaft Travemünde ist modern organisiert im Verband Wohneigentum Siedlerbund Schleswig-Holstein e.V. Gilt es doch die Interessen und Anliegen der Mitglieder zu bündeln, abzuwägen und umfassend zu vertreten auf vielen Gebieten.

Doch wie begann alles? Hier eine kleine Zusammenfassung und Bearbeitung einiger Artikel aus ‚Unser Travemünde‘. Verfasser waren damals Herr Johannes Koch, ehem. 1. Vorsitzender der Siedlergemeinschaft und Herr Helmuth Wieck, ehem. Schriftleiter des UT. Sein Bericht basierte auf den Chroniken der Siedlergemeinschaft von Herrn Jürgen Meier, ehem. 1. Vorsitzender.

Die Siedlung hat ihren Ursprung in der Einrichtung der sog. „E-Stelle“ auf dem Priwall, d.h. der Erprobungsstelle der sich damals sprunghaft entwickelnden militärischen und zivilen Luftfahrt. Für die vielen dort tätigen Spezialarbeiter und Techniker wurde zwischen 1935 und 1942 im Gebiet jenseits der Bahnlinie am Teutendorfer Weg in drei Bauabschnitten Wohnraum geschaffen.

Damit veränderte sich die Bevölkerungsstruktur Travemündes, die bisher wesentlich auf die Entwicklung des Kur- und Badebetriebs ausgerichtet war. Ab 1950 erfolgte der weitere Ausbau, wozu schließlich 1958/64 nach Einrichtung des Skandinavienkais und Umsiedlung der Fischersiedlung weitere Straßenzüge entstanden und besiedelt wurden.

Die „Ursiedler“ aus den ersten Bauabschnitten in der St.-Jürgen-Straße waren ihre eigenen Baumeister und Handwerker und haben ohne maschinelle Hilfe, nur mit Schaufel und Spaten, in Gemeinschaftsarbeit alle Arbeiten selbst ausgeführt. Beton und Mörtel wurden an Ort und Stelle gemischt. Die „Weiße Siedlung“ entstand.

Weiße Siedlung
Weiße Siedlung

Die gesamte Wohnfläche einschl. Boden und Treppenflur betrug damals 68qm! Dazu kam auf dem Hof ein Stall für Kleintiere. Interessant ist, dass die Erstbebauung der Teutendorfer Siedlung aus mehreren Haustypen besteht.

Mitte der 1930er Jahre entstand rechts des Teutendorfer Weges die „Rote Siedlung“. Sie hieß so, weil sie aus heimischen roten Ziegelsteinen bestand.

Rote Siedlung
Rote Siedlung

Eine andere Variante entstand Anfang der 1940er Jahre in der Straße Auf dem Kiekeberg mit dem Bau von über 30 Holzhäusern mit größerer Wohnfläche, die „Finnen- Siedlung“.

Finnensiedlung
Finnensiedlung

Warum heißt sie so? Es war ein Siedlungsprojekt der Nationalsozialisten. Im russisch-finnischen Winter 1939/40 unterstützte das Deutsche Reich Finnland mit Waffen und Munition. Diese Waffen musste Finnland bezahlen, natürlich mit Holz.

Finnland lieferte eine größere Anzahl Fertigholzhäuser. So entstanden Finnlandsiedlungen nicht nur in Lübeck, sondern auch in Kiel und Neumünster. Bis heute erweisen sich die Finnlandhäuser als standhaft und robust.

Viele alte Travemünder erinnern sich noch an die mit Behelfshäusern errichtete Siedlung an der Siechenbucht für die Flüchtlingsfischerfamilien aus Pommern und der Halbinsel Hela. Diese Häuser mussten dem Skandinavienkai weichen, und die Familien wurden zum großen Teil in neue Häuser in die Teutendorfer Siedlung umquartiert. Weiter wurde fleißig gebaut und sogar kleine Wohnblöcke entstanden.

Ein eigenes Pastorat mit Gemeindehaus und Kindergarten entstand ebenso in den letzten Jahrzehnten. Inzwischen scheint die Entwicklung der „alten“ Teutendorfer Siedlung mit dem Bau von neuen kleinen Straßenzügen abgeschlossen. Eine Neue Teutendorfer Siedlung soll entstehen jenseits des Baches (An der Bäk), doch das ist ein anderes Thema.

Lohnenswert ist ein Spaziergang durch die Siedlung. Die originalgetreue Architektur der ersten Bauten in der Siedlung ist zwar noch hier und da zu entdecken, aber der Wandel zu modernen Wohnhäusern lässt darauf schließen, wie wohl man sich in seinen Heimen und gepflegten Gärten fühlt.

Von der ersten Grundstückslegung bis heute sind 85 Jahre vergangen. Ein aufrichtiger Dank gilt dem Verein der Siedlergemeinschaft Teutendorfer Weg unter der bewährten Leitung von Herrn Stephan Kanow, seinem Vorstand und vielen engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die mit ihrer Vereinsarbeit auch zum Gesamtwohle Travemündes beitragen, was bei den Zusammenkünften, den Veranstaltungen für Jung und Alt und den Siedlerfesten immer aufs Neue dokumentiert wird.

Mögen noch viele Generationen die Gemeinschaft erleben in Frieden und Wohlstand, und natürlich mit ganz viel Spaß und Freude!

Monika Raddatz/GVT

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