Söhrmanndamm © M. Raddatz

DER SÖHRMANNDAMM und der Strand von Travemünde im Wandel

Besonders bekannt geworden ist der Travemünder Maurermeister Friedrich Asmus Heinrich Söhrmann. Der spätere Stadtbaumeister ist verantwortlich für den nach ihm benannten Söhrmanndamm, der 1927 gebaute wurde und das Brodtener Ufer vor dem Abbruch schützen sollte. Weil das nötige Geld fehlte, ist nur ein kurzes Stück fertig geworden.

Zudem stellten Experten fest, dass durch diese wasserbautechnische Maßnahme nachteilige Wirkungen entstehen könnten. Alte Luftaufnahmen vom Strand zeigen zwischen dem Seetempel (früherer Aussichtspunkt oben am Beginn des Brodtener Steilufers) und der Nordermole einen zügigen und ausgeglichenen Verlauf der Uferlinie. Der Sandstrand war um die 1900-Wende breit und fiel gleichmäßig nach der Wasserseite hin ab. Mit Ausnahme eines Badesteges gab es keine Buhnen und andere wassertechnische Bauten.

Erst mit der Weiterentwicklung des Seebades kam die Forderung nach künstlichen Maßnahmen. 1898 wurde dann die jetzige Strandmauer vom Leuchtenfeld bis ungefähr zur heutigen „süßen“ Seebrücke in unmittelbarer Ufernähe gebaut. Der damalige Oberbaudirektor Rehder aus Lübeck wagte es den Strand so schmal zu lassen, denn der natürliche Sandnachschub vom Brodtener Ufer war eingeplant, und der Strand hatte 1925 bereits eine stattliche Breite erreicht. Die Sandanreicherung ist jedoch nicht allein ein natürlicher Vorgang gewesen. Seit Bestehen der Strandmauer hat man den Strand mehrfach mittels Baggergut zusätzlich verbreitert und aufgefüllt.

Söhrmanndamm und Kurstrand vor 1970 © Schöning Verlag, Lübeck
Söhrmanndamm und Kurstrand vor 1970 © Schöning Verlag, Lübeck

Zwischen dem Söhrmanndamm, der damals gerade im Übergangsbereich der abbrechenden Steiluferstrecke zum anwachsenden Strandgebiet hergestellt wurde, und der damaligen hölzernen Seebadeanstalt in der Nähe der alten Nordermole hat man versucht, die Entwicklung des Strandes mit Hilfe von Querwerken, d. h. Buhnen, zu fördern.

Diese Versuche sind aber nicht ohne Fehlschläge geblieben. Eine Überprüfung von Seebuhnen an anderen sandigen Küsten hat ergeben, dass in Anwachsgebieten keine Querwerke erstellt werden dürfen, weil sie den Strandaufbau mehr stören als fördern. Die Buhnen am Travemünder Strand sind deshalb im Laufe der Zeit wieder beseitigt worden.

Anfang der 1950er Jahre suchte man nach weiteren Möglichkeiten zum Schutz des Kliffs. Es befanden sich zwei auffällige (Sand)Vorsprünge bei der damaligen Möwen-Badeanstalt (heute LYC Jollenstation) und vor dem Strandpavillon (heute „süße“ Seebrücke). Beide Vorsprünge wirkten wie Buhnen und ergaben eine Lee-Erosion bis an den Fuß der Strandmauer heran.

Vor der Möwen-Badeanstalt hat die massive (Sand)-Buhne zu der Erhaltung der Strandbreite beigetragen, die Lee-Auswaschung am südlichen Abschluss des Söhrmanndammes konnte jedoch nicht verhindert werden. Der Möwenstein, der 1886 noch in der Uferlinie lag, war 1950 nur noch bei sehr niedrigen Wasserständen zugängig.

Strand vor der Kaiserallee © Archiv R. Fechner
Strand vor der Kaiserallee © Archiv R. Fechner

Nachteiliger war die Wirkung auf die Küstenstrecke von der Möwenbadeanstalt bis Strandpavillon („süße Seebrücke): das Gebiet lag stark im Abbruch und die Kaiserallee musste schließlich durch ein „Deckwerk“ gesichert werden. Ein dichtes Buhnensystem konnte auch hier nicht den erwünschten Sand heranschaffen. In einem Bericht an die Hansestadt Lübeck wies zudem Maurermeister Söhrmann auf frühere Konzessionen hin, nach denen er aus diesem Abschnitt Kies und Sand abfahren durfte.

Um 1950 wurden jährlich noch etwa 100 cbm Steine von diesem Strand beseitigt, um für den Badebetrieb einen Sandstrand bereitzustellen. Doch jede Entfernung von Geröllen und Kies vom Abbruchstrand bedeutet eine Beschleunigung der Abtragung der Küste durch die Brandung. Es war eindeutig, dass der durch künstliche Eingriffe in den natürlichen Sandhaushalt eingeleitete Vorgang des Sandverlustes durch den Bau von Buhnen nicht rückgängig gemacht werden konnte. Deshalb hat man versucht, die natürliche Strandlinie wieder herzustellen indem man 1970/71 die Strandmauer und die Uferpromenade in gerader Linie um 700 Meter verlängerte und die Bucht mit Boden aufgefüllt hat. So wurde aus dem Sandstrand der Grünstrand.

Man hoffte, dass sich im Laufe der Zeit der trockene Strand vor der neuen Strandmauer verbreitern würde. Dazu ist jedoch Voraussetzung, dass genügend Sand in dieses Gebiet einfließt oder künstlich zugeführt wird. Das ist bis heute nicht eingetroffen. Die Erwartung, dass sich der Unterwasserstrand soweit erhöht, dass die abtragenden Kräfte abgeschwächt werden, hat sich nicht erfüllt. Im Gegenteil, der Sandabtrag hat rasant zugenommen und findet inzwischen auch vor der alten Strandmauer statt.

Man muss dabei den gesamten Küstenbereich vom Brodtener Ufer bis zur Mündung der Trave als eine zusammengehörige Einheit betrachten. Die Bildung eines brauchbaren Strandes vor der alten Strandmauer hat Jahrzehnte gedauert. Wo wird sich zukünftig ein brauchbarer Strand ablagern bzw. bilden? Sorgenvoll schauen wir Travemünder auf die Veränderung der gesamten Strandlinie in Richtung Nordermole vor dem Leuchtenfeld.

Söhrmanndamm und Hauptstrand 2009 © M. Raddatz
Söhrmanndamm und Hauptstrand 2009 © M. Raddatz

Wie lange wird die Entwicklung des Travemünder Strandes beobachtet bis die entsprechenden Maßnahmen zum Schutz der Küste eingeleitet werden? Viel Zeit haben wir wahrscheinlich nicht mehr, denn nicht nur der natürliche zunehmende Vorgang der Sandanspülung vom Brodtener Ufer macht Sorge. Auch der Klimawandel, in den letzten Jahrzehnten kein Thema, macht sich inzwischen mit steigendem Meeresspiegel und sich häufenden starken Stürmen am Travestrand und in der Travemündung bemerkbar.

Somit wird auch zukünftig die naturbedingte Entwicklung des Travemünder Strandes für die Wasserbautechniker, den Kurdirektor und die Politiker ein interessantes aber auch schwieriges Problem bleiben.

M. Raddatz

Quellen:
UT-Heft Folge 155/156 von 1971/Der Strand von Travemünde/Dr.-Ing. Marcus Petersen, Kiel
UT-Heft 1/318 Porträt Travemünder Häuser Nr. 58/Helmuth Wieck, Travemünde
Fotos: Verlag Schöning & Co., Lübeck, privat M. Raddatz, Archiv R. Fechner

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