Die Passat
Die alte „Lady“, wie die imposante Viermastbark liebevoll genannt wird, begeht ihren 90. Geburtstag; ein wahrhaft biblisches Alter für ein Schiff, das als Frachter unter Segeln auf allen Weltmeeren zu Hause war, vornehmlich aber auf der Südamerikaroute eingesetzt wurde.
Die Geschichte dieses Schiffes ist so interessant und spannend, daß viele Bücher über diesen Windjammer geschrieben worden sind, z.B. das im LN-Verlag erschienene Buch von Kurt Grobecker „Passat – Das abenteuerliche Leben eines Windjammers“ von Hans Domizlaff erschien im Verlag Delius, Klasing und Co. „Die Viermastbark »Passat«. Der Lebensroman eines Tiefwasserseglers“, und ebenfalls mit Texten von Hans Domizlaff „Das große Buch der Passat“, ein herrlicher Bildband, der von der Edition Maritim herausgegeben wurde. Deshalb beschränke ich mich nur auf einige stichwortartige Anmerkungen über diesen Großsegler, der nun als „Pensionär“ im Hafen von Travemünde und Wahrzeichen dieses Städtchens seinen Lebensabend verlebt.
Eigentlich müßte es heißen, „Sie“ verbringt ihre alten Tage bei der Priwallmole bei uns, denn Segelschiffe sind „Damen“, und die „Passat“ ist eine große alte Lady. Am 20.09.1911 lief sie bei Blohm und Voß vom Stapel, wurde bereits am 25.11.1911 von der Reederei Laeisz übergeben und ging am 24.12.1911 auf ihre erste große Reise von Hamburg nach Valparaiso.
Die Passat gehörte zur Flotte der P-Liner, die von den Brüdern Ferdinand und Carl Laeisz in Dienst gestellt wurden. Alle Schiffsnamen begannen mit P. Die erste große Bark, noch aus Holz gebaut, hieß „Pudel“. Später wurden diese großen Segler aus Eisen hergestellt, 65 mal wurde das P zum Markenzeichen. Zu trauriger Berühmtheit gelang die „Halbschwester“ Pamir, die 1957 unter dramatischen Umständen im Atlantik unterging.
1933 waren es die „Padua“ und die „Priwall“, die weltweit Aufsehen erregten. Bei einer regelrechten Wettfahrt von Hamburg nach Australien bewiesen die beiden Schiffe, daß die Frachtensegler mit den damaligen Dampf- und Motorschiffen durchaus mithalten konnten. Von der „Priwall“ steht übrigens ein herrliches Modell in der Travemünder Stadtschule.
Erwähnt werden muß hier auch Kapitän Grubbe, der die „Passat“ nach abenteuerlichem Schicksal wieder unter deutscher Flagge 1951 von Antwerpen nach Travemünde überführte, wo sie am 20. Juni eintraf und zusammen mit der „Pamir“ im Fischereihafen ankerte.
Nach der „Pamir“-Katastrophe 1957 wurde die Passat aus dem Verkehr gezogen und kam endgültig am 8. Januar 1960 nach Travemünde. Seitdem liegt sie hier und hat in der letzten Zeit für viel Wirbel gesorgt. Soll sie wieder, jetzt zu Beginn des 21. Jahrhunderts, noch einmal in See stechen? Zwei ernsthafte „Vereine“ stehen sich mit ihren Ansichten in der Öffentlichkeit gegenüber. „Rettet die Passat“ will sie als Denkmal und Museumsschiff in Travemünde festliegen lassen, damit sie für Jedermann zu besichtigen und zu bestaunen ist. Die Gruppe „Passat sailing“ will sie wieder auftakeln und auf Reisen schicken, damit sie unter vollen Segeln für Travemünde und natürlich für die Bundesrepublik wirbt.
Beide Vereine haben ernsthafte Argumente für ihr Anliegen. Der Lübecker Senat hat zugunsten des Vereins „Rettet die Passat“ entschieden. Die „Passat“ bleibt in Travemünde. Trotzdem wollen wir noch einmal beide Parteien zu Wort kommen lassen, sozusagen als Dokumentation für die Nachwelt.
Erwähnt werden muß hier auch der „Passat-Chor“, der viel zu dem Erhalt der Viermastbark beigetragen hat.
Helmuth Wieck
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