Marktbrunnen Travemünde

Enthüllungen der Figuren am Marktbrunnen

Am Freitag, den 06. Dezember 2002, wurde auf dem Marktplatz bei der Travemünder St. Lorenz-Kirche der Nikolausmarkt eröffnet, der von der Travemünder Handwerkergemeinschaft und dem Gemeinnützigen Verein zu Travemünde veranstaltet wurde. Ein besonderer Anlaß war die Enthüllung der Bronzefiguren von Otto Timmermann und zwei Kindern.

Vor seiner auf Plattdeutsch gesprochenen Rede begrüßte der 1. Vorsitzende des Gemeinnützigen Vereins Richard Schrader die zahlreichen Mitbürger, die sich dieses „historische“ Ereignis nicht entgehen lassen wollten, darunter auch den Bürgermeister der Hansestadt Lübeck Bernd Saxe und ganz besonders natürlich Otto Timmermann.

Otto Timmermann

Die launige Ansprache von Richard Schrader wollen wir Ihnen nicht vorenthalten:

Ick wöör ja ganz schön füünsch, as ick an den Sunnabend, an den de St. Lorenzmarkt, de Kurgartenstraat dal kööm. Harrn de groten Herren ut Lübeck mi doch jüst vertellt, wat se allens för uns in Tramünn maakt. Se buut uns en nieges Casino un en nieges Kurhuus – is ja gar nicht wohr – se hebbt de Grundstücke verköft, de Strandräubers, un sick dat Geld na Lübeck infeegt. Un denn hebbt se mi ok noch vertellt, dat se uns de Kurgartenstraat un de Vörreeg nie buut. Över 60 % mööt de Anliegers sülben betaalen, un wenn de Stadt al dat Geld, wat wi för Water- un Schietgebühren in de letzten negentig Johr betaalt hebbt, ördentlich verwaltet harrn, denn mööten se uns hüüt eegentlich goldene Latüchten buen, ahn dat wi noch wat dorto geven mööten.

As ick nu so mit de Wut in’n Buuk dor langs marschier, kümmt Otto Timmmermann op mi to un fröög mi, ob ich nich ne Reed holen kunn, wenn de Figuren an den Brunnen opstellt wörrn un dat ok noch up Platt. Otto hett so veel för dit Dörp daan, dat man nich nee seggen kunn un deshalb schnack ick nu platt, un wenn se mi nich verstaht, denn geben se mi so’n dezenten Hinweis mit den lütten Finger, dormit ick ok översetten kann. Nu man holt, nich glieks mit den ganzen Arm na baven, so swoor is uns’ Spraak nu ok nich.

So, nu wöör ick bi Otto in’t Wort un je dichter de grote Dag kööm, umso unsicherer wöör ick. Is dat doch Otto west, de de Geschichten över Tramünn mit Wolfgang Prühs opschreven hett un de an besten vertellen kann. Un denn kömmt mi doch ’ne Geschicht in’n Sinn, un ick glööv, dat ok Otto de noch nich kennt. Dat is in Spätharvst west, as ick morgens na’n Fischeriehaven föhrt bün, üm mi’n poor Baars to halen. Dor seeten nu twee vun de Dassower Fischer, Richard Lohff un – ick weet nich – Hans oder Erich fürs, un de weern an’t Överleggen, ob se „in’n See“ oder „na See“ föhren schallen. Dorto mütt man weten, dat „in See“ in den Dassower See bedüüdt, un „na See“ op de Ostsee, un dat disse Entscheidung vun’t Weder afhängen dee. Un so frögen se mi, wie dat Weder ward un ick mit dat grote Muul segg: „Wenn de Hahn kreiht op’n Mist, ändert sick dat Weder oder ’t blifft as dat is.“ Richard Lohff nöhm en Zug vun siene Zigarett un sä: „Un hett he kreiht?“ Disse Frag möök mi ganz verdattert un ick sä: „Dor heff ick wohl nich oppasst.“

Genau in dissen Moment kümmt Otto Timmermann bi Netzvogt üm de Eck. Ick harr em al sehn as he de letzten Bläder up den Rasen von de Kark oppieken de, un nu is he wohl dörch den Gang bi Fru Kröger na’n Haven lopen, aber he keem nich in de Richtung, wo de Meckelnborger stünn, sondern he dreih na de Tramünner, de Westphals und de Jarchaus. Aber een vun de ollen Fischerslüüd ut Dassow harr em sehn un sä: „Denn mööt wi Otto Bimbam fragen, de hett den Hahn up sien Kark un he passt ümmer up.“

As se mienen fragenden Blick seet, dor erklärt se mi: „Otto, de passt up, wenn een döfft ward, wenn een konfirmiert ward, wenn een heiraten deit un wenn de Truerfier in de Kark is, denn passt he ok op.“

An disse Geschicht erinner ick mi un dor sünd noch annere Saken, up de he oppasst hett, nich nur op uns’ Kark, nee ok op den Olenclub, un wenn een vun de ollen Tramünner nich kommen is, wenn he siene Geschichten vertellt hett, denn is he mit sien Fohrrad oder to Foot hen un hett nakeken, ob ein oder ehr dat ok goot geiht.

Un ick glööv, da gift noch veel mehr, op wat he oppasst hett, un deswegen hett ja ok Fritz Bracht de Idee mit de Figuren an dissen Brunnen hatt. Aber genau dor fröög ick mi, hett dat eegentlich schon een Tramünner geben, de’n Denkmal kregen hett un dat ok noch to Levenstiet? Wi hebbt ja so wat vun Herrmann Fehling up den Fehlingsteen, un vun Dr. Zippel gift dat een Relief in de Vörreeg, aber dat is al „postum“ passeert. Dat is Latein un heet – nachdem sie zu Humus geworden sind. Weil de in Lübeck un ok de Tramünner erst veel später markt harrn, dat de beiden grote Dinge in Tramünn vollbracht hebt.

Worüm aber kriggt Otto nun all een bronzenen Broder an dissen Brunnen? Dat will ick se seggen, weil dat erst twee Böker gift mit de Geschichten vun Otto Timmermann, un he mütt al de Geschichten, de he noch nich opschreven hett, den bronzenen Otto vertellen, damit de se wiedervertellen kann un se nich verloren gaht. Un he mütt em ok inwiesen in al de Dinge, up de he oppasst hett, de lütten Dinge, de dat Leven in dit Dörp so lebenswert maakt. Un jedereen weet, dat he in Tramünn nich allens is, hüt nich, un morgen un in hunnert Johren ok nich.

Otto, un wenn ick an disse Stell een Wunsch hebben dörf, denn segg em, dat he up de Turmfalken oppassen schall, de baben in de Kark wahnt, dat sünd de letzten, de wirklich frie sünd un nich dat maken mütt, wat de hohen Herren in Lübeck wüllt.

 

Meine Damen und Herren,
nach diesen plattdeutschen Gehässigkeiten bleibt mit nur noch Dank zu sagen.

Dank an Otto Timmermann, daß es ihn gibt und hoffentlich noch lange geben wird, selbstverständlich auch aus den vorgenannten Gründen.

Danke an Fritz Bracht, der nicht nur die Idee hatte, sondern auch großzügig die Vorfinanzierung übernommen hat.

Danke an den Künstler, Herrn Wirt. Sie haben ein Stück Travemünder Geschichte verewigt, mit ihrem ausdruckstarkem Kunstwerk eine Brücke geschlagen aus der Vergangenheit in die Zukunft. Man spürt direkt, wie sich die Buchstaben von den Seiten lösen, zu Worten werden und in das Bewusstsein der Zuhörer eindringen. Sie haben genau das getroffen, was die Menschen hier mit Otto Timmermann verbindet. Auf der einen Seite steht der Erzähler, der die hohe Kunst des Wortes beherrscht, und auf der anderen Seite Menschen, die sich die Zeit nehmen, zuzuhören, etwas Bewundernswertes, was in unserem Otto steckt, nämlich beides zu können. Wenn uns diese Figuren nicht nur den Aufpasser vermitteln, sondern uns mahnen, sich etwas Zeit füreinander zu nehmen, dann hat dieser Brunnen seine Aufgabe schon erfüllt.

Was sagte ein Experte über die modernen Lübecker Brunnen? Der goldene Schnitt, die hohe künstlerische Gestaltungsform, der Bezug von Material und Formgebung zum Umfeld, einfach schön! Doch weiß der Betrachter an der nächsten Ecke nicht mehr was er gesehen hat. Das wird mit diesem Werk mit Sicherheit anders sein und dafür bedanken wir uns.

Dank an Frau Renate Susemiehl für die größte Einzelspende. Dank an Rene Kapphengst für die über 1500 km. Dank an alle anderen Spender verbunden mit der Hoffnung, daß der Nikolausmarkt noch die eine oder andere Mark in die Kasse bringt.

Dank an alle, die sich, wie auch immer, an der Gestaltung des Marktplatzes beteiligt haben. 250.000,00 DM sind hier durch innerörtliche Aktivitäten in die Verschönerung des Marktplatzes geflossen, wir haben den Brunnen bereits in einem Festakt an die Hansestadt Lübeck übergeben. Frau Dr. Beate Hoffmann hat dieses Geschenk dankend entgegengenommen. Heute folgt nun die Übergabe des Marktplatzes und der Brunnenfiguren an die Stadt. Wir Travemünder haben gezeigt, daß wir in der Lage sind, gemeinsam etwas auf den Marktplatz zu stellen und halten es nicht für vermessen, wenn wir die Stadt zur Abrundung des Ensembles um drei Bänke bitten, damit die hohen Damen und Herren sich damit einen Platz in der Geschichte dieses Marktes sichern.

Vielen Dank
Richard Schrader

zurück zur Übersicht Travemünde Geschichte