Otto Timmermann

Otto Timmermann

Nachruf

„Du hast Otto doch am besten von uns gekannt, verfasse doch bitte einen Nachruf für «Unser Travemünde»“, lautete die Bitte des Vorstandes. – „Nachruf auf Otto Timmermann?“, ging es mir durch den Kopf, „Warum Nachruf?“

Bei der Inventur der Travemünder Persönlichkeiten wird der Freund der Travemünder zukünftig zwar nicht mehr körperlich erfasst werden, mir aber ist er gegenwärtiger wie kein zweiter.

Wenn ich an dem schmucken Haus in der Kurgartenstraße, mit der hochglanz lackierten Tür, die für jedermann offen stand, vorbei komme, frage ich mich, ob ich nicht die Zeit für einen kleinen Plausch mit Otto habe. Für mich sitzt er immer noch in seinem Sessel, die Lübecker Nachrichten auf dem Tisch und ist bereit, über die aktuellen tagespolitischen Dinge zu sprechen, ohne jemals ein schlechtes Wort über irgendjemanden zu verlieren. Wenn es dann doch mal persönlicher wurde sagte Otto: „Ach lot man, he het bestimmt ok noch ne anner Siet.“

Seine Kirche, die ihm doch so ungemein am Herzen lag, war immer noch Bestandteil seiner Überlegungen. „Dor müt jümmer noch een Teppich von dem Kirchenvorstand Heinebur ut Teutendörp up den Bön liggen, kiek mol, ob de nich irgendwo hin kann damit he nich verspakt“, war ein Ansinnen von Otto. So mancher Kirchendiener wird sich den Vergleich mit ihm gefallen lassen müssen. Jüngst beobachtete eine Dame während des Gottesdienstes eine Spinne, die ein frisches Netz an den Arm eines Kerzenleuchters spann, und es platzte aus ihr heraus: „Das wäre bei Otto nie passiert!“

Otto Timmermann hat nicht nur Travemünder Geschichten aufgeschrieben, nein, er hat sie selbst gelebt und ist damit ein Teil der Travemünde Geschichte geworden. In unseren Ohren mögen sie vielleicht nach Eichendorfs Romantik klingen, sie sind aber Timmermanns Realismus. Die Geschichte eines einfachen und arbeitsreichen Lebens, in dem sehr viel Platz für andere war.

Als ich im Mai sehr früh mit dem Hund am Brodtener Ufer in Richtung Hermannshöhe ging, kreiste ein Seeadlerpaar über dem Seetempelwäldchen und wollte hier wohl wieder horsten, im Silber der sonnenbeschienenen Ostsee spiegelten sich die Rapsfelder Mecklenburgs und mit einem Male wurde mir bewusst, dass dies ja auch bei schlechtem Wetter, etwas weiter östlich, der Arbeitsweg von Otto war, als er bei den Beythiens gearbeitet hat und ein großes Gefühl der Dankbarkeit durchströmte mich, dass ich diesen Mann kennen, in seiner Stube sitzen und seinen Worten lauschen durfte.

Wenn in 91 mal 91 Jahren ein Kind seine Eltern auf dem Marktplatz fragen wird: „Wer ist denn der Mann mit der Mütze und dem Buch in der Hand?“ dann wird mit Sicherheit ein Travemünder vorbeikommen und erklären: „Das ist Otto Timmermann, er war kein Kaiser und kein König, kein Feldmarschall und kein Politiker und trotzdem haben seine Travemünder ihm diese Bronze gewidmet, weil sie ihn lieb hatten und er sie auch.

Mit seinen Geschichten hat er die Vergangenheit bewahrt, den Menschen die Heimat näher gebracht und sie für die Zukunft motiviert und wer ganz genau hingehört hat, dem wollte Otto sagen:
„Lebe, denn nur die Zeit, in der du wirklich lebst, macht dich unvergänglich.“

So wie Otto Timmermann durch sein Leben und Wirken in und für Travemünde.

Dein Freund
Richard Schrader

Otto Timmermann Brunnen

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